Die Stadt Görlitz bietet ein großes und breit gefächertes Angebot an Wohn- und Arbeitsraum zu moderaten Preisen, ein attraktives Umfeld durch ein breites Kulturangebot, ein historisches Stadtbild, bereits vorhandene Netzwerke der Kreativwirtschaft, ein internationales Umfeld durch die Grenzlage sowie ein positives Image ("Görliwood", "Schönste Stadt Deutschlands", "Europastadt"). Gleichzeitig ist sie von den Folgen des demografischen Wandels und des wirtschaftlichen Strukturwandels betroffen und sucht nach Strategien der langfristigen Stabilisierung und Revitalisierung insbesondere der historischen Innenstadt sowie zahlreicher Industrie- und Gewerbebrachen.
Die Stadt steht damit stellvertretend für Herausforderungen, vor denen zahlreiche Mittelstädte in Deutschland stehen. Während sie aufgrund von tiefgreifenden Umwandlungsprozessen in den letzten Jahren einen immensen Bevölkerungsverlust erfahren haben, erfreuen sich seit Mitte der 2000er-Jahre Großstädte und Großstadtregionen großer Beliebtheit. Doch hier werden verstärkt Überlastungseffekte deutlich, die steigenden Bevölkerungszahlen führen zu einer zunehmenden Anspannung auf dem Wohnungs- und Gewerbeflächenmarkt sowie zu höheren Verkehrs- und Umweltbelastungen.
Im Projekt "Stadt auf Probe – Wohnen und Arbeiten in Görlitz" wurde ein Ansatz analysiert, wie die Potenziale einer Mittelstadt genutzt und gefördert werden und damit Gegenentwürfe zu Abwanderung, Leerstand und einem weiteren Bedeutungsverlust der Städte entstehen können. Es stellte sich die Frage, welches Potenzial für eine Revitalisierung insbesondere peripher gelegenen Mittelstädten zukommt, die jedoch mit günstigen weichen Standortfaktoren ausgestattet sind. Unter welchen Bedingungen kann sich aus den genannten Trends der Stadtentwicklung in Deutschland eine Renaissance der Mittelstädte ergeben? Mit welchen Ansätzen kann die nationale Stadtentwicklungspolitik dieses Potenzial stärken und nutzen?
Im Rahmen des Projektes wurden für einen begrenzten Zeitraum ein kostenfreies Probewohnen und Probearbeiten in der Stadt Görlitz angeboten. Das Projekt konzentrierte sich dabei auf eine Personengruppe, die ortsungebunden ist, z. B. freiberuflich und evtl. in der Kreativwirtschaft arbeitet, und die für die Stadt Görlitz als Wohn- und Arbeitsstandort begeistert werden sollten. Gleichzeitig konnten mit dem Projekt bereits vorhandene Netzwerke der Kreativwirtschaft in der Stadt gestärkt werden. Interessierte aus der genannten Zielgruppe bekamen für einen Zeitraum von vier Wochen jeweils kostenfrei eine Probewohnung sowie einen Probearbeitsraum zur Verfügung gestellt, um ihrer freiberuflichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung sollten Wünsche und Erfahrungen dieser Zielgruppe mit Blick auf Empfehlungen für die künftige Stadtentwicklung in Görlitz analysiert werden.