Bedingungen für den Zuzug nach Görlitz: „Probewohnen meets DZA“

Projektbeschreibung

Im Rahmen der Strukturpolitik zur Kompensation regionaler Folgen des Kohleausstiegs in der Lausitz wird derzeit das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) in Görlitz angesiedelt. Ziel ist unter anderem die Schaffung von bis zu 3.000 Arbeitsplätzen in der Stadt und im Umfeld.

Die Stadt Görlitz ist trotz einer stabilisierten Bevölkerungsentwicklung auf Zuzug angewiesen. Nach einer langjährigen Schrumpfungsphase bestehen weiterhin erhebliche Leerstände im Wohnungsbestand der Innenstadt. Eine Stabilisierung der Bevölkerungszahl seit etwa 10 Jahren konnte nur durch ein positives Wanderungssaldo erreicht werden. Die Prognose für die natürliche Bevölkerungsentwicklung ist auch in den kommenden Jahren deutlich negativ. Neben „quantitativem“ Zuzug von Bevölkerung zur Revitalisierung des leerstehenden und teilweise unter Denkmalschutz stehenden Gebäudebestandes, ist die Stadt auf „qualifizierten“ Zuzug angewiesen, um dem regionalen Fachkräfteengpass zu begegnen, um die lokale Zivilgesellschaft engagiert und vielfältig zu halten und um die für die Nachhaltigkeitstransformation notwendigen technischen und sozialen Innovationen zu generieren.

Mit dem Ansatz des Probewohnens, welcher auf innovative und kreative Weise Wissen zum Zuzugspotential der Stadt Görlitz generiert, hat sich seit vielen Jahren eine Marke in Görlitz etabliert (Zöllter et al. 2017, Zöllter et al. 2019, Zöllter 2023, Zöllter et al. 2023). Um die Bedingungen des Zuzugspotentials zu analysieren, werden Interessierten zeitlich begrenzte kostenfreie Probeaufenthalte angeboten. Diese Zuziehenden auf Zeit werden zu ihrer Umzugsmotivation, ihren Erwartungen und Anforderungen an einen neuen Standort sowie ihren lebensweltlichen Erwartungen vor Ort befragt. Gemeinsam mit Praxispartnern aus der Stadtgesellschaft werden Schlussfolgerungen für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung und eine Verbesserung des Wohn- und Lebensumfeldes gezogen (vgl. Projektverbund „Stadt der Zukunft auf Probe“ 2024) . Diese Erkenntnisse und Erfahrungen werden nun genutzt, um in einem gemeinsamen Projekt der Abteilung Transformationsforschung des DZA und des IZS das Zuzugspotenzial für die Stadt Görlitz durch die Ansiedlung des DZA zu untersuchen. Grundlage dafür bildet die Verknüpfung des Probewohnens mit dem Aufbau- und Recruitment-Prozess des DZA.

Erkenntnisinteresse und Forschungsfragen 

Im Kern des Interesses dieses Vorhaben steht die mit der Ansiedlung des DZA verbundene Frage, was es braucht, um durch den Zuzug von Fachkräften transformative Potenziale für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu generieren? Forschungsleitend sind die folgenden Fragen:

  • Welche Standortanforderungen in Bezug auf das Wohnen, das Wohnumfeld und die Daseinsvorsorge haben nach Görlitz zuziehende Fachkräfte? Inwiefern unterscheiden sich diese Anforderungen von Beschäftigten des DZA, die bereits in der Region ansässig sind?
  • Wie nehmen neue Beschäftigte des DZA die harten und weichen Standortfaktoren in Görlitz wahr und wie beeinflussen diese die Entscheidung für oder gegen eine Wohnsitzverlagerung?
  • Welche Vorstellungen und Wünsche für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Stadtentwicklung haben die DZA-Beschäftigten? Inwieweit werden diese Ansprüche durch Angebote und Entwicklungsstrategien der Stadt Görlitz und des Umlandes bereits gedeckt? Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich daraus für die Stadt- und Regionalentwicklung?

Ziele und angestrebte Ergebnisse 

Das Projekt verfolgt in einer transdisziplinären Herangehensweise drei Ziele:

  1. Wissensgenerierung zu Effekten der Ansiedlung einer Großforschungseinrichtung für die nachhaltige Stadtentwicklung mit Fokus auf kleinere und mittelgroße Städte im ländlich-peripheren Raum sowie im Kontext eines regionalen Strukturwandelprozesses.
  2. Ableitung konkreter Schlussfolgerungen für eine transformative Stadtentwicklungspolitik. Zu erwarten sind konkrete Impulse für die lokale Wohnungspolitik, die städtische bzw. regionale Wirtschaftsförderung sowie die lokale Zivilgesellschaft.
  3. Das Vorhaben zielt auch auf den Recruitmentprozess des DZA ab. Die Möglichkeit für Probeaufenthalte vor Ort und deren wissenschaftliche Begleitung kann die Attraktivität des Standortes und des DZA als Arbeitgeber erhöhen.